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Erdkundler unterwegs im Delbrücker Land – Biogas und Maishähnchen

Am Mittwoch, den 26. Juni 2017 unternahm der Erdkunde Grundkurs der Jahrgangsstufe Q1 unter der Leitung von Herrn Stucke eine Exkursion nach Nordhagen bei Delbrück. Passend zum Thema Landwirtschaft, das die Schüler für eine ganze Weile im Unterricht behandelt hatten, ging es zu einem landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb, der von Herrn Hüllmann, einem Verwandten von Herrn Stucke, geführt wird. Vor Ort machte sich der Kurs ein Bild von der dortigen Schweinemast, einer Biogasanlage sowie von Geflügelmast in einem weiteren, benachbarten Betrieb, der Kikok-Mastbetrieb von Herrn Rolf.

Nach Ankunft in Nordhagen und der Begrüßung durch Herrn Hüllmann, stand zuerst der Geflügelmastbetrieb auf dem Programm.

Der Geflügelmastbetrieb von Herrn Rolf befindet sich zwei Kilometer von der Hofstelle  von Herrn Hüllmann entfernt, also dauerte die Fahrt zur Besichtigung nicht lange. Der Besitzer dieses Betriebs, Herr Rolf, hat eine Kooperation mit Herr Hüllmann, worauf unten näher eigegangen wird.

In einer 105m langen Halle mit einer Fläche von 377.000 Quadratmetern werden 29.000 Hühner (m/w) gemästet. Mit 13 Hühnern pro Quadratmeter haben diese für einen Mastbetrieb noch relativ viel Bewegungsfreiheit. Theoretisch würden hier sogar bis zu 45.000 Tiere in die Halle passen.

Die sogenannten Kikok-Hühner, welche besondere, strengere Auflagen zu erfüllen haben, die der Vermarkter dieser Hühner, die Firma Borgmeier in Delbrück,  den Mästern vorgibt. Die Hühner werden bei 31 Grad Bodentemperatur und 30 Grad Raumtemperatur ausschließlich mit Pellets mit 50% Maisanteil gefüttert, was ihr Fleisch gelblich aussehen lässt.

Die Kikok-Hähnchen werden als Premiumfleisch vermarktet. Aufgrund des geringen Bestandes im Stall weisen sie so gut wie keine Krankheiten oder Verletzungen auf und so können sie ohne Antibiotika aufgezogen werden. Sie werden zudem langsamer gemästet, was ebenfalls weniger körperlichen Stress für die Tier bedeutet, aber auch teurer ist.  Länger bedeutet in der Geflügelmast, dass sie ihre Schlachtreife nach bis zu 48 Tagen erreichen, was ca. 7 Tage länger ist, als bei konventionellen Masthühnern.

Beim Blick in den Stall wird auch die Verbindung  zu der Biogasanlage von Herrn Hüllmann klar.  Der Boden des Stalls ist mit gehäckseltem Mais ausgelegt, den Herr Hüllmann liefert. Die Hühner mögen diese Streu sehr, denn sie lädt sie zum Scharren ein, da in ihr ja auch essbarer Mais zu finden ist. Nach der energetischen Anreicherung dieser Streu durch den ausgeschiedenen Kot der Hühner, holt Herr Hüllmann ihn wieder ab und „füttert“ damit die Bakterienkulturen in seiner Biogas-Anlage.

Einen „Luxus“, so nannte es Herr Rolf, den dieser Geflügelmast besitzt, ist die freie Auswahl an Brütereien, welche jede Woche neue Eintagesküken liefern. So kann der Betreiber des Mastbetriebs, Herr Rolf, sich die jeweils benötigte Anzahl von Küken einkaufen und muss nicht warten, was er bei der Festlegung auf einen Kükenlieferanten vielleicht tun müsste.

Im Delbrücker Raum kann man davon sprechen, dass der Mastbetrieb von Herrn Rolf mit dem Maiserzeugung und der Biogasanlage von Herrn Hüllmann,  den Brütereien sowie der Schlachterei und Fleischvermarktung der Firma Borgmeier ein landwirtschaftliches Cluster-bilden.

Nach diesem Einblick in die Geflügelfleischproduktion ging es zurück zum Betrieb von Herrn Hüllmann. Er betreibt seine Biogasanlage als Ergänzung der ursprünglichen Schweinemast schon seit 2005.

Die Funktionsweise einer Biogasanlage entspricht biochemisch dem Ablauf der Verdauung in einem Kuhmagen. Es werden verschiedene Substrate (z.B. Mais, geschredderter Rindermist, und Gemüse wie Kartoffeln/Möhren aus Überproduktion) bei 40 Grad Celsius in einem sog. Fermenter gegoren. Vom Deckel eines  solchen Fermenters aus machte sich der Kurs, zusammen mit Herrn Hüllmann, zunächst einen Überblick über das gesamte Gelände der Biogasanlage (siehe Foto). Der Fermenter des Betriebs hat eine Wand- und Fußbodenheizung, wodurch die Temperatur von 40 Grad konstant gehalten wird. Außerdem besitzt er ein Doppelmembrandach, sodass das entstehende Gas – bis auf einen sehr geringen Anteil – nicht entweicht. Bei der Nassfermentation (Nassgärung) spaltet jeweils einer von unterschiedlichen Bakterienstämmen die in den Substraten enthaltenen Kohlenstoffverbindungen, sodass letztendlich Methangas entsteht, mit dem in einem großen Verbrennungsmotor Strom und Heizwärme produziert werden.

Die Substrate kommen entweder aus dem eigenen Betrieb, wie z.B. der Mais, oder von anderen Landwirten aus dem Delbrücker Raum, wie z.B. Gülle (wie aus dem Betrieb von Herrn Rolf). Letzteres ist vorteilhaft, da die Landwirte dadurch die Lager- und Ausbringkosten sparen. Nach der Verwendung in der Biogasanlage wird die Gülle wieder auf den Feldern ausgefahren, da die Nährstoffe noch enthalten sind. Von mittlerweile 8000 Anlagen in Deutschland gibt es 17 Biogasanlagen im Delbrücker Raum, erklärte Herr Hüllmann.

Damit durch das im Fermenter produzierte Methangas Strom erzeugt werden kann, ist, wie oben erwähnt, ein Verbrennungsmotor mit Generator, ein so genanntes Blockheizkraftwerk, kurz BHKW, erforderlich, welches ebenfalls besichtigt wurde. Dabei handelt es sich um einen leistungsstarken Motor (bei Herrn Hüllmann ein 600 PS Schiffsmotor mit Turbolader) und um einen Generator. Der Schiffsmotor verbrennt ein Gemisch aus dem zuvor gewonnenen Biogas (Methan) und Luft. So treibt er einen Generator an, der letztendlich den Strom erzeugt.

Die besichtigte Anlage produziert 10 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr. Zum Vergleich: Der Jahresverbrauch im Delbrücker Raum liegt bei 160 Millionen kw/h im Jahr. Beim Verkauf bekommt Herr Hüllmann pro Kilowattstunde 20 Cent.

Ein Vorteil von Biogasanlagen gegenüber anderen erneuerbaren Energien ist, dass sich die BHKWs an- und ausschalten lassen, sodass genau die benötigten Menge an Strom produziert wird. Diese sogenannte Regelenergie ist in den vergangenen Jahren zudem auch günstiger geworden. Ferner erzählte Herr Hüllmann uns, er halte es für möglich, in der Zukunft auch das Biogas an sich, d.h. nicht nur den daraus gewonnenen Strom, zu verkaufen, da es schon jetzt einige Fahrzeuge gibt, deren Motor mit Biogas angetrieben wird, z.B. Landmaschinen.

Nachdem der Geflügelmastbetrieb und die Biogasanlage besichtigt worden waren, hatte der Kurs erst einmal Hunger. Daher beschloss man – passend zum Thema Fleischproduktion – zu Grillen. Und so versammelten sich alle beim Haus der Familie Hüllmann. Es gab Kikok- und Schweinefleisch aus regionaler Produktion, das Herr Hüllmann freundlicherweise vorher selbst besorgt hatte. Zusammen mit den vom Kurs mitgebrachtem Salaten, Baguette und Kuchen ergab dies ein richtiges Schlemmermahl!

Als nun alle gestärkt waren, stand als letzter Programmpunkt noch der Schweinemastbetrieb von Herrn Hüllmann an.

Neben der Biogasanlage besitzt Herr Hüllmann einen Schweinemastbetrieb, der zusätzlich eine finanzielle Absicherung bietet.

In den 70er Jahren übernahm Vater Hüllmann den Hof auf dem Knapp 40 Kühe standen. 1994 startete dieser dann die Ferkelaufzucht mit 872 Tierplätzen, welche jedoch später auf eine reine Maststelle umgestellt wurde, was bedeutet, dass jetzt nur noch Ferkel zugekauft werden.

Was die Haltung angeht, wurde erklärt, dass die Tiere den ganzen Tag Zugang zum Futter, welches aus Getreideschrot besteht, und zu Wasser haben. Zudem wird der Stall acht Stunden am Tag beleuchtet, damit die Tiere nicht in völliger Dunkelheit stehen. Die Sterberate der Ferkel beträgt nur 2%, da die Tiere 1,1 Quadratmeter Platz/Tier besitzen, was mehr als gesetzlich vorgeschrieben ist, und sich somit der Ertrag um 8 Euro für ein Mastschwein steigert, da der Schlachbetrieb die besseren Standards in der Mast mit einem Aufschlag auf den Kaufpreis belohnt. Wenn ein Schwein geschlachtet wird beträgt sein Gewicht ca. 100kg.

Insgesamt war die Exkursion sehr aufschlussreich und wir bekamen Einblicke in die moderne Landwirtschaft, wie sie Lehrbücher nicht hergeben.

Unser Dank gilt Herrn Hüllmann für die freundliche Aufnahme auf seinem Hof, die fachkundige und interessante Führung und besonders das leckere Grillfleisch!

  • Bericht: Simon Stibbe und Jonathan Pade

Beteiligte Personen