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Wie aus Biomasse Energie wird!

Die Arbeit der deutschen Bauern nimmt volkswirtschaftlich nur einen geringen Raum ein, da nur etwa 1.5% der Deutschen in der Landwirtschaft beschäftigt sind. Doch diese wenigen Bauern ernähren 80 Millionen Menschen und produzieren seit einigen Jahren sogar den Strom für unsere Haushalte, ja vielleicht sogar für die Homepage AG unserer Schule.

Zudem sind sowohl die Landwirtschaft Europas als auch die Energieversorgung in Deutschland Themen in der Qualifikationsphase im Fach Erdkunde. Gründe genug für den Erdkunde Grundkurs Q2 zusammen mit ihrem Lehrer Herrn Stucke den Betrieb von Herrn Hüllmann in Delbrück Nordhagen zu besuchen. Und das taten sie dann auch am Montag, dem 25. November.

Der Kurs möchte sich an dieser Stelle noch einmal herzlich bei Herrn Hüllmann für die freundliche Begrüßung und den sehr informativen Rundgang bedanken!

Der Betrieb

2014_exkursion_bauernhof_sk_104Herr Hüllmann bewirtschaftete den Hof seit dem Tod seines Vaters alleinverantwortlich als Vollerwerbsbetrieb. Das heißt, dass seine gesamten Einkünfte aus den Einnahmen der Landwirtschaft stammen, was heute schon eher selten ist. Viele Landwirte haben neben der Landwirtschaft noch eine zweite Erwerbstätigkeit, um das Familieneinkommen zu sichern. Herr Hüllmann hat hingegen nach Einkommenmöglichkeiten gesucht, die im Bereich der Landwirtschaft liegen. Und er hat sie gefunden.

Der Hof Hüllmann setzt sich heute aus unterschiedlichen Betrieben zusammen. Der Stammbetrieb beinhaltet die Schweinemast und die Bewirtschaftung der Ackerflächen. Hinzu kommen zwei unterschiedliche Betriebe für die Biogasanlage und ein Betrieb zum Verleih der eigenen Geräte und Lohnarbeiten. Derzeit sind zwei feste Mitarbeiter angestellt, in der Erntezeit helfen außerdem mehrere Aushilfskräfte bei der Arbeit.

Die Eigentumsfläche des Stammbetriebes beträgt lediglich 30 Hektar, durch gepachtete Flächen werden jedoch derzeitig etwa 400 Ha Land bewirtschaftet. Die staatlichen Subventionen belaufen sich, bei Einhaltung des Regelwerkes, auf 200 € pro Hektar Land und verhelfen, nach Aussage von Herrn Hüllmann, somit zu einer Vergünstigung der Nahrungsmittelpreise.

Ebenfalls gepachtet ist ein weiterer Maststall für Schweine, so dass insgesamt 600 Mastplätze für Babyferkel und 1200 Mastplätze für ausgewachsene Schweine zur Verfügung stehen. Die Babyferkel werden dabei von 5 Kg auf etwa 25 Kg aufgezogen und dann, neben dem Zukauf weiterer Babyferkel, innerhalb von vier Monaten auf 120 Kg gemästet. Das Fleisch verkauft Herr Hüllmann an die Westfleisch Genossenschaft, bei der er außerdem Anteilseigner ist, was Vorteile bei der Preisgestaltung mit sich bringt.

Die durch die Schweinemast erwirtschafteten Einnahmen ständen jedoch in keinem Verhältnis zum Ertrag der Biogasanlage. Das hier gewonnene Biogas wird in separaten Blockheizkraftwerken (davon zwei auf dem eigenen Hofgelände und weitere in einem benachbarten Stadtteil Delbrücks) in elektrische Energie umgewandelt.

Damit eine flexible Leistungsabgabe möglich wird, und auch für den Fall, dass ein BHKW ausfällt, lässt sich in den Gasspeichern der Anlage für bis zu 24 Stunden die gesamte produzierte Gasmenge zwischenspeichern.

2014_exkursion_bauernhof_sk_103Diese Möglichkeit, das Biogas in den Fermentern zu speichern, erlaubt es, die Stromerzeugung dem jeweiligen Strombedarf im Netz anzupassen, welcher im Laufe eines Tages sehr wechselhaft ist. Gerade hier bieten sich große Vorteile für Biogasanlagen gegenüber den auf konstante Leistungsabgabe angewiesenen Kohlekraftwerken der Grundlasterabdeckung. Gaskraftwerke können ihre Leistung sehr schnell absenken oder steigern und so, wenn nötig, die Spitzenlast abdecken.

Nicht alle regenerativen Energieträger sind so flexibel. Windkraft- und Photovoltaikanlagen speisen Strom dann ins Netz, wenn es windet oder die Sonne scheint. Ist es sehr windig, so kann es wegen des sehr hohen Stromangebotes aus Windkraft miunter vorkommen, dass der Strompreis für Stromerzeuger zeitweilig im negativen Bereich liegt und das Einspeisen von Strom ins Netzt sogar zusätzliche Kosten aufwirft.

Neben der Stromerzeugung wird zusätzlicher Gewinn durch die Speisung der Abwärme in ein lokales Wärmenetz erzielt, welches zahlreiche Häuser im Umfeld mit Wärmeenergie versorgt.

Der wirtschaftliche Schwerpunkt des Hofes Hüllmann liegt somit bei der Biogasanlage.

(Björn Luchterhand)

Die Biogasanlage

2014_exkursion_bauernhof_sk_100Nachdem Herr Hüllmann dem Kurs allgemeine Informationen zu seinem landwirtschaftlichen Betrieb vermittelt und Fragen zur Betriebsstruktur geklärt hatte, besichtigten die neun Schüler und Herr Stucke unter Führung des Landwirts die hofeigene Biogasanlage.

Diese ist ca. drei Minuten Fußweg vom Wohnhaus der Hüllmanns entfernt und stellt neben der Schweinemast die wichtigste Komponente des Betriebs dar. Die Größe der gesamten Anlage, aber auch die der einzelnen Fermenter überraschte viele Kursteilnehmer. Die Fermenter bilden das Herzstück einer Biogasanlage, da in ihnen durch Gärung die Umwandlung von Biomasse zu Biogas stattfindet. Die Biomasse besteht aus verschiedenen landwirtschaftlichen Produkten und auch aus Gülle. Primär wird die Anlage mit Maissilage beschickt, die aus auf den selbst bestellten Feldern angebautem Silomais besteht. Daneben kann die Anlage auch ganz unterschiedliche andere Dinge verarbeiten. In diesem Jahr war beispielsweise die Möhren- und Kartoffelernte so gut, dass die Erzeuger die beiden Produkte nicht mehr für Lebensmittelzwecke verkaufen konnten. Und so lagern derzeit große Mengen Kartoffeln und Möhren in den Silos, da Herr Hüllmann die sehr energiereichen Möhren derzeit für nur 20€ die Tonne frei Haus einkaufen kann.

Der genaue Prozess dieser Umwandlung wurde den Interessenten während der Besichtigung der Bestandteile erklärt: In den Fermentern befinden sich unzählig viele kleine Bakterien, die die Biomasse (v.a. Silomais) zersetzen und für die Produktion der Endprodukte, also der Gase (z.B. Methan), zuständig sind. Die beiden Faktoren, die die „Produktivität“ weitestgehend bestimmen, sind die Temperaturen innerhalb der Fermenter (etwa 40° Celsius) und die Funktionsfähigkeit der Rühranlage.

2014_exkursion_bauernhof_sk_101Die besichtigte Anlage ist nach Angaben Herrn Hüllmanns imstande, 600m³ Biogas pro Stunde zu produzieren und zehn Millionen Kilowatt (kW) Strom pro Jahr – und ebenso viel Wärme – in das Netz einzuspeisen. Um die Umwandlung des Biogases in Strom bzw. Wärme zu veranschaulichen, gab Herr Hüllmann den Kursteilnehmern die Chance, ein Block-heizkraftwerk aus der Nähe zu betrachten. Insgesamt gibt es auf dem Gelände vier dieser mit dem Prinzip der „Wärme-Kraft-Kopplung“ arbeitenden Blockheizkraftwerke (BHKW).

Ein Vorteil, die eine Biogasanlage mit sich bringt, ist, dass die vermeintlichen Abfallprodukte aufgrund ihres hohen Nährstoffgehalts als Dünger dienen können. Darüber hinaus können Strom und Wärme auf direktem Wege im eigenen Haushalt und auf dem Hof genutzt werden.

Jedoch zeigte sich Herr Hüllmann enttäuscht über die in den letzten Jahren zurückgegangene Bereitschaft, Biogasanlagen gesellschaftlich und politisch zu akzeptieren. Beim Bau der Biogasanlage seien die durch das EEG festgelegten Vergütungen noch deutlich höher gewesen, nun würden sie vom Staat vernachlässigt werden.

(Timo Böhm)

Die Schweinemast

2014_exkursion_bauernhof_sk_102Die Schweinemast beginnt beim Kauf 25kg bis 35kg schwerer Schweine, erstreckt sich über die Mastzeit in denen die Schweine ihre Unterkunft nicht verlassen und endet beim Verkauf des Mastviehs, sobald die Tiere 125kg wiegen.

Der Verkauf des besuchten Betriebes richtet sich durch eine vertragliche Regelung nur an Westfleisch. Die Preise bleiben relativ konstant, sodass nur von einer Preisvariation von 2 Cent pro Jahr ausgegangen werden muss.

Die Sicherung der Gesundheit im Bestand wird durch frühe Impfungen der Tiere gewährleis-tet. Sollten jedoch trotzdem vereinzelt Krankheitssymptome auftreten, so wird nur das jeweilige kranke Tier zurückhaltend mit Antibiotika behandelt. So entstehen nur krankheitsbedingte Ausfälle von etwa 2% der Tiere pro Jahr. Die Fütterung der Tiere sowie die Lüftung des Stalls geschehen computergesteuert.

Das Futter ist eine Zusammensetzung aus Getreide, Sojaschrot und Mineralfutter, wobei ein Anteil des aus Südamerika importierten Sojaschrots genmodifiziert ist. Die Qualitätskontrolle erstreckt sich vom Fettgehalt bis hin zur Größe der einzelnen Schlachtteile des Schweins.

(David Bock)

Beteiligte Personen