Wie wachsen oder schrumpfen eigentlich Städte?
Erdkunde Grundkurs der Q2 zu Besuch im Bauamt
Wie wachsen oder schrumpfen eigentlich Städte? Verändern sich Städte von selbst oder gibt es planerische Richtlinien, unter denen solche Prozesse gesteuert vollzogen werden? Im Rahmen der Unterrichtsreihe ,,Stadt- und Raumplanung‘‘ ist der Erdkunde Grundkurs der Q2 (nur Schüler aus der Jahrgangsstufe 12), unter der Leitung von Herrn Stucke diesen Fragen nachgegangen. Dazu besuchte der Kurs das Bauamt in Horn. Vor Ort traf man auf Herrn Kölczer, den Stadtplaner der Stadt.
Der 11.09. hielt in diesem Jahr für den Erdkunde Kurs etwas Besonderes bereit. An einem relativ trüben Dienstag machte sich der Kurs um Kurssprecher Max Uhlendorff auf den Weg zum Bauamt, um sich dort mit dem Stadtplaner Horn – Bad Meinbergs zu treffen. Herr Kölczer ist einer von nur zwei Stadtplanern in Ostwestfalen – Lippe. Die notwendigen Qualifikationen dafür erlangte er durch ein Studium des Studiengangs Stadtplanung an der technischen Hochschule Nürtingen, in der Nähe der Großstadt Stuttgart.
Zuallererst ging er auf die Fragen ein, die wir ihm vorab per Mail hatten zukommen lassen. Auf die Vielzahl der Fragen ging Herr Koelczer strukturiert ein und beantwortete einige Fragen direkt, andere wiederum indirekt im Rahmen seiner informationsreichen Vorträge über verschiedene Bereiche des Berufes eines Stadtplaners. Durch seine Antworten erfuhren wir sehr interessante Daten, Fakten und Vorhaben der Stadt Horn-Bad Meinberg. So entstand die Stadt Horn-Bad Meinberg erst 1970 durch den Zusammenschluss mit mehreren umliegenden Dörfern im Rahmen der landesweiten kommunalen Neugliederung. Zuvor hatte die Stadt Bad Meinberg-Horn geheißen. Diese Zusammenführung hatte vor allem das Ziel, die vormals selbstständigen Gemeinden im Bereich ihrer Verwaltung zu entlasten und ihnen gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, von den Strukturen und Einrichtungen einer finanziell potenteren, größeren Verwaltungseinheit zu profitieren. Ohne diese Strukturreform hätte sich zum Beispiel das dann wesentlich einwohnerärmere Horn-Bad Meinberg auch die Stelle von Herrn Koelzer nicht leisten können.
Anschließend ging Herr Kölczer auf die konkrete Lage der Stadt Horn-Bad Meinberg in Zeiten des demographischen Wandels ein und zeigte uns Gründe auf, sowie die die Auswirkungen auf die Stadtentwicklung. Der Stadtplaner erklärte uns, dass Horn Bad Meinberg einen Bevölkerungsrückgang von derzeit 6% hat, was im Vergleich zu anderen Gemeinden aber noch ziemlich wenig ist. Den Vergleich zu den anderen Gemeinden in Lippe stellte Koelczer mit Hilfe einer Statistik dar. Seinen Aussagen nach ziehen die Menschen vor allem deshalb in andere Regionen, da die Verfügbarkeit an Arbeitsplätzen in der Stadt stetig abnimmt. So gingen bei der Übernahme von Hornitex vor 6 Jahren über 1000 Arbeitsplätze verloren. Aber es verlassen nicht nur Menschen die Stadt. Zum Beispiel sind im neu erschlossenen Wohngebiet am Schulzentrum, welches auch das Gymnasium mit einschließt, schon drei Häuser gebaut worden. Mehrere weitere Grundstücke sind laut Herrn Koelczer jetzt schon reserviert. Ein Quadratmeter Bauland kostet dort übrigens ca. 70€ (Zum Vergleich: 1m² in Paderborn kostet über 200€). Das Ganze erklärte er uns anhand eines Bauleitplans, der aufzeigt wo die Bauflächen einer Stadt verteilt sind. Auffällig ist zudem auch, dass in Horn-Bad Meinberg die 1- bzw. 2-Personen Haushalte in Relation zu den größeren Haushalten stark zunehmen. Somit kann man statistisch betrachtet städtebaulich noch gar nicht von einer schrumpfenden Stadt sprechen, da sich die Zahl der Haushalte und auch die Zahl der Gebäude eher noch vergrößert.
Ein weiterer Punkt, den Herr Koelczer ausgiebig thematisierte, war das Einkaufszentrum bzw. die Geschäfte an der Bahnhofsstraße. Hier dürfen auf Grundlage des neuen Flächennutzungsplans(Bild), der 2000 entstand und dieses Jahr in Kraft trat, keine neuen Geschäfte mehr gebaut werden. Das erste Dokument dieser Art, das für die Stadt Horn-Bad Meinberg geeignet war, wurde 1974 beschlossen. Ein Flächennutzungsplan ist wichtig für die Rechtssicherheit eines potenziellen Käufers eines bestimmten Grundstücks. Er zeigt auf, welche Flächen in einer Stadt, in diesem Fall Horn-Bad Meinberg, in welcher Art bebaut werden dürfen.
Der Grund für die zuvor angesprochene restiktive Haltung der Stadt gegenüber neuen Gewerbeansiedlungen am Stadtrand ist, dass der Handel in der Altstadt in den letzten Jahren zunehmend weniger frequentiert wurde und viele Geschäfte geschlossen werden mussten. Durch diese stadtplanerische Maßnahme erhofft sich die Stadt, dass sich zukünftig wieder neue Geschäfte/Läden in der Altstadt niederlassen. Das Ziel der Stadtplanung lautet „Innenverdichtung vor Außenverdichtung“, was mit einem Einkaufsschwerpunkt in der äußeren Zone der Stadt eher schlecht zu verwirklichen ist.
Außerdem wurden von Koelczer das Leerstandsmanagement der Stadt, das für die Verwaltung von leerstehenden Gebäuden verantwortlich ist, sowie das derzeit nicht vorhandene Phänomen der Luxussanierung von Gebäuden angesprochen. Das Leerstandsmanagement setzt Maßnahmen in Kraft wie zum Beispiel, dass besonders unattraktive unbewohnte Gebäude auch ohne Mietzahlungen bewohnt werden dürfen. Auch das Abreißen von Gebäuden ist eine Maßnahme des Leerstandsmangements. In Planung für die nächsten Jahre sind natürlich mehrere Projekte. Neben der zuvor angesprochenen Innenverdichtung ist vor allem der Bau einer neuen Bundesstraße eines der wichtigen Projekte.
Der Besuch dauerte mit einer kleinen 10-minütigen Pause insgesamt 2,5 Stunden. Doch diese Zeit bei Herr Kölczer war für alle sehr informativ und man kann sagen, dass sich der Besuch auf jeden Fall gelohnt hat, da der Unterricht sinnvoll ergänzt wurde und die Schüler gleichzeitig realistische praktische Erfahrungen sammeln konnten.
Zuletzt möchten wir uns noch bei Herrn Stucke bedanken, der dieses Treffen möglich gemacht hat, sowie bei Herrn Koelczer für seine Bereitschaft, uns seinen Beruf und seine konkreten stadtplanerischen Aufgabenbereiche in der Stadt Horn-Bad Meinberg nahezubringen.
– weitere Informationen zum Fach Erdkunde
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